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Schreiben als Therapie

Zum Welt-MS-Tag (25.5.): Kurz vor dem Abschluss ihrer Ausbildung bekam Marina Obert die Diagnose MS. Heute hat sie gelernt, damit zu leben. Geholfen haben ihr Experten der SRH – und ihre Leidenschaft für Gedichte.

Kalendereintrag
Foto: Marina Obert

Zuerst hielt es Marina Obert für eine Stressreaktion. Mitten in der Abschlussprüfung zur Groß- und Außenhandelskauffrau hatte sie schwere Gleichgewichtsstörungen und vermutete Probleme mit den Ohren. Die Prüfung schaffte sie, die Symptome blieben. Ein MRT brachte die Gewissheit: Multiple Sklerose (MS).

Diese Diagnose bekommen jährlich etwa 2.500 Menschen in Deutschland, zeigen Zahlen des Bundesversicherungsamtes. Nervenzellen entzünden sich, Bewegungs- und Sinnesstörungen sind die Folge. Viele denken dann an ein Leben im Rollstuhl. Doch trotz MS ist vieles möglich. Darauf macht der Welt-MS-Tag am 25. Mai aufmerksam.

Für Marina Obert war die Krankheit zunächst ein Rückschlag. Ihren Beruf musste sie bereits nach einem Jahr aufgeben. Zu den Gleichgewichtsstörungen kam das sogenannte Fatigue-Syndrom: Eine plötzliche, bleierne Müdigkeit, die das Konzentrieren enorm erschwert. „Doch damit wollte ich mich nicht abfinden, sondern wissen, was noch möglich sein kann“, erzählt die heute 23-Jährige.

Dafür empfahlen ihr die Ärzte das Berufliche Bildungs- und Rehabilitationszentrum der SRH in Karlsbad-Langensteinbach (BBRZ). Das Unternehmen unterstützt Menschen wie Marina Obert dabei, nach einer Erkrankung beruflich wieder Fuß zu fassen. „Zunächst klären wir, welche Tätigkeiten zu den Fähigkeiten und zur gesundheitlichen Situation passen. Dafür stellen sich die Teilnehmer typischen Anforderungen im Berufsalltag“, erklärt Geschäftsführer Thomas Windolf das Konzept.

Marina Obert schrieb Rechnungen, setzte Reklamationsschreiben auf, prüfte Warenbestände. „Immer wieder hatte ich dabei mit der Müdigkeit zu kämpfen und musste Pausen machen. So kann ich leider keine drei Stunden arbeiten.“ Auch wenn die Erkenntnis, erst einmal keinen Job antreten zu können, schwer zu akzeptieren ist: Für die junge Frau war die Erfahrung wichtig. „Ich selbst hätte meine Leistungsfähigkeit nicht einschätzen können. Die Gespräche mit einem Psychologen und anderen Teilnehmern im BBRZ haben mich außerdem aufgebaut.“

Marina Obert hat dadurch noch einen Weg gefunden, ihre Krankheit zu verarbeiten. Sie schreibt Gedichte. Auf einer Lesung im BBRZ merkte sie, dass ihre Texte andere berühren. Die Texte handeln von alltäglichen Erfahrungen wie Freundschaft, dem Umgang mit Enttäuschungen und dem Leben mit einem Handicap. Inzwischen hat Marina Obert ihre Alltagsbetrachtungen sogar als Buch veröffentlicht. Ihr Traum ist es, eine Aufgabe zu finden und noch mehr Menschen mit ihren Gedichten zu erreichen. Um zu zeigen, wie ein selbstbestimmtes Leben möglich ist – nicht trotz, sondern mit MS.