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Fahrräder und Englisch als Chancen fürs Arbeitsleben

Immer mehr Menschen werden psychisch krank, die Rückkehr in den Alltag ist oft schwer. Wie medizinische und berufliche Reha gemeinsam Betroffene unterstützen, zeigte die Fachtagung für Kliniksozialdienste am BBRZ.

Kalendereintrag
Foto: Dr. Dieter Schaudt steht am Rednerpult

Was meinen Sie, wie viel Gewicht auf einer gespannten Fahrradspeiche liegt? Mit dieser Frage mussten sich die Fachberater der Kliniksozialdienste am Dienstag (12. Juni) auseinandersetzen. Die Antworten darauf hilft ihnen bei einer Aufgabe: Menschen zu unterstützen, die sich nach einer psychischen Erkrankung beruflich neu orientieren.

Wie das gelingen kann, erfuhren rund 40 Sozialarbeiter aus Kliniken und Unternehmen bei der ersten Fachtagung im Beruflichen Bildungs- und Rehazentrum (BBRZ) der SRH in Karlsbad-Langensteinbach. „Psychische Erkrankungen nehmen zu. Entsprechend mehr Menschen benötigen Beratung, wie sie wieder Fuß fassen. Der richtige Arbeitsplatz spielt dabei eine große Rolle. Deshalb beziehen wir die berufliche Beratung früh mit ein“, erklärte Geschäftsführer Thomas Windolf das Konzept im BBRZ.

Auf einem Rundgang konnten die Fachberater die Ausbildungen und Umschulungen des Zentrums in der Praxis erleben: Hoch konzentriert justierte eine Teilnehmerin die Speichen eines Rades. Sie absolviert eine Ausbildung zur Zweiradmechatronikerin. Wenn sie fertig ist, kann sie Fahrräder und E-Bikes warten, reparieren und bauen. Ein boomender Markt. Immer wieder prüfte die Teilnehmerin die Spannung der Speichen, zog nach.

„Das gelingt nur durch üben, üben, üben“, erklärte Ausbilder Siegfried Claussner. „Weil man genau wissen muss, wie sich das Rad von einer Stelle aus insgesamt verändert.“ Und dann fragte er nach der Speichenspannung. Die Antwort war 1.200 Newton pro mm2, also etwa 120 Kilo. Wusste zwar keiner auf Anhieb, aber jetzt werden die Sozialarbeiter den Beruf „Zweiradmechatroniker“ so schnell nicht mehr vergessen.

Tipps für den Berateralltag kamen von Dr. Dieter Schaudt. Der Arzt des BBRZ schilderte ausführlich, wie sich das Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) bei Erwachsenen auswirkt. „Immer noch herrscht der Glaube, ADHS beträfe nur Kinder. Dabei leiden knapp fünf Prozent der Erwachsenen unter Symptomen. Sie sind unruhig, können sich nicht gut konzentrieren, so dass viele sogar den Job verlieren.“  Dr. Schaudt zeigte, wie mit der richtigen Behandlung und einer beruflichen Beratung den Betroffenen geholfen wird.

Die Zusammenarbeit von medizinischer und beruflicher Reha in Karlsbad-Langensteinbach erläuterte Dr. Gustav Wirtz, leitender Arzt der Rehaeinrichtung für psychisch Kranke. Und Wolfgang Kessler von der Agentur für Arbeit in Karlsruhe-Rastatt beleuchtete den Prozess der „Leistung zur Teilhabe“ aus seiner Sicht als Rehaberater.

„Mit diesen Einblicken kann ich meine Patienten viel besser beraten, welche Möglichkeiten es nach der Klinik gibt. Besonders Business English als Zusatzqualifikation finde ich sehr sinnvoll“, sagte der Sozialdienstmitarbeiter eines Klinikums im Süden Baden-Württembergs.